Daostischer Sex wird immer beliebter. Und manche Magazine haben bereits darüber berichtet. Aber was bedeutet das in der Praxis wirklich? Schauen wir uns einmal gemeinsam an, wie sich die spirituellen Werte von Gleichgewicht und Harmonie auf Sex und Intimität mit dem Partner auswirken können…
Kamasutra mag das berühmteste Beispiel dafür sein, wie man Sexualität und Spiritualität miteinander verbinden kann. Doch es gibt daneben noch weitere Fälle, in denen sich Region und Philosophie auf Sexualpraktiken auswirken. An und für sich eine schöne Idee, Intimität mit spirituellen Gedanken zu verbinden, doch was bedeutet das wirklich? Das zeigt die daoistische Sexualpraktik, die in den vergangenen Jahren von vielen Paaren wiederentdeckt wurde. Aber mit mindestens genauso vielen Geheimnissen umhüllt ist. Wir lüften den Schleier.
Was bedeutet „daostische Sexualpraktik“ und was hat das mit Sex zu tun?
Daoismus ist eine traditionelle Weltanschauung, die ihren Ursprung in China hat. Die Philosophie betrifft alle Lebensbereiche. Dabei geht es immer um ein Gleichgewicht mit dem Tao, das stets hergestellt werden muss. Wer oder was ist Tao? Es ist die Quelle von allem, was existiert. Ein Leben in Harmonie mit Tao bedeutet, im Gleichgewicht mit der Energie der Welt um Dich herum zu sein. Gerade beim Sex bedeutet diese Betonung der Harmonie eine Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Qi (Lebenskraft, Energie) und Jing (Lebensessenz, Sexualität).
Daoisten glauben, dass jeder Mensch sowohl Qi als auch Jing in sich trägt. Es ist wichtig, beides auf gesunden Ebenen zu halten. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, wie Jing den Körper verlassen kann, und nach dem Taoismus ist Sperma eine der Möglichkeiten, wie Männer Jing verlieren. Um ihren Jing zu erhalten, werden Männer daher ermutigt, die Ejakulation entweder zu verzögern – oder sogar ganz zu vermeiden.
Okaaay….das klingt nicht so einfach.
Die Ejakulation ist völlig natürlich. Daher kann es schwierig sein, den Höhepunkt zurückzuhalten. Zwei daoistische Sexualpraktiken wären daher:
- den Penis vor dem Orgasmus herausziehen und hoffen, dass Dich das wieder beruhigt.
- Ausübung von Druck auf den Damm (das empfindliche Areal zwischen Anus und Genitalien), was zu einer retrograden Ejakulation führen kann. Dies ist für Daoisten der Idealzustand, weil ihrem Glauben nach Sperma positive Auswirkungen auf das Gehirn hat.
Gute Nachrichten: Der Akt des Geschlechtsverkehrs gilt als eigenständige Erzeugung von Jing. Solltest Du also am Ende ejakulieren, ist das nicht das Ende der Welt. Oder um es auf daoistische Art und Weise auszudrücken: Es bedeutet nicht das Ende Deines Qi, Deiner Lebenskraft. Das Optimum ist aber dennoch, dass der Mann nicht zum Höhepunkt kommt.
Daoistische Sexualpraktiken: Was bedeutet das für Frauen?
Da es beim Sex um das Gleichgewicht geht, ist es die oberste Priorität im daoistischen Sex, sicherzustellen, dass die Frau befriedigt wird. Anders gesagt: Die Frau steht im Mittelpunkt. Historischen Schriften zufolge gibt es mindestens zehn Möglichkeiten, wie Frauen stimuliert werden müssten, damit Qi und Jing erfolgreich ins Gleichgewicht gebracht werden. Von Oralsex über die Nutzung von Sextoys ist alles erlaubt. Hauptsache, die Frau kommt. Da die weibliche Ejakulation weniger verbreitet ist, wird unter Daoisten sogar angenommen, dass die Frau aus dem Akt gestärkter herausgeht – da sie keine spirituellen Flüssigkeiten verliert.
Warum nicht ausprobieren?
Es ist kein Wunder, dass daoistischer Sex auch bei nicht-geistigen Praktizierenden immer beliebter wird. Das Forcieren auf Balance ist attraktiv – gerade für Frauen und gerade in Zeiten, wo viel über die Orgasm Gap diskutiert wird. Darüber hinaus ist das Konzept der verzögerten Ejakulation für viele Männer eine spannende Herausforderung.
Sex ist eine wichtige Quelle von Intimität, Spaß und Vergnügen. Sex ist mehr als die reine Befriedigung, er hat viel mit Selbstbestimmung und Erfüllung zu tun. Wir finden: Das Konzept, Sex als Ursprung der Lebensenergie zu betrachten, ist nicht so weit hergeholt, wie man vielleicht zunächst annehmen mag. Und es gibt Euch einen Grund, mehr Sex zu haben. Nicht, dass man dafür Gründe brauchen würde… aber dennoch wollen wir das an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen.