Jeder von uns hatte wohl schon einmal Liebeskummer und kennt den fiesen, ja sogar körperlichen Schmerz, den eine Trennung auslösen kann. Und ist man akut darin gefangen, dann kann man darin wohl kaum etwas Positives erkennen. Mit etwas Abstand betrachtet, sieht das aber schon ganz anders aus. Warum? Unsere Autorin Nadia Bokody verrät es.
Trennungen sind scheiße. Das ist ein Fakt. Aber sie führen oft zu einem unglaublichen persönlichen Wachstum, weshalb ich – vielleicht unkonventionell – meine ganzen wirklich schätze. Es ist nun mal wahr, dass wir in Zeiten der Not am meisten über uns selbst lernen. Und es gibt vielleicht kein besseres Beispiel für Widrigkeiten in eurem Liebesleben, als das Scheitern einer Beziehung durchzumachen.
Es ist so, als würde einem an einem bitterkalten Morgen eine warme, bequeme Bettdecke weggezogen. Plötzlich ist alles, was für sich vertraut und unkompliziert war, fremd und erschreckend. Alles scheint einem weh zu tun, die ganze Zeit, und – ähnlich wie an diesem kalten Wintermorgen – sticht der Herzschmerz mit jedem hastigen, flachen Atemzug tief in die Haut.
Und so kann es monatelang, jahrelang und sogar jahrzehntelang andauern.
Und es gibt tatsächlich keinen Schmerz wie diesen. Forscher fanden sogar heraus, dass unsere Herzen buchstäblich körperlich schmerzen, wenn wir um eine verlorene Liebe trauern – es ist nicht nur in unserem Kopf, es ist auch in unserem Körper.
Darum ist Schmerz nicht gleichbedeutend mit Leiden
Es gibt eine Sache über Schmerz, die ich aus dem Scheitern meiner Ehe gelernt habe: Er muss nicht gleichbedeutend mit Leiden sein.
Leiden ist das, was dann passiert, wenn wir uns weigern, die Realität zu akzeptieren, und darauf bestehen, in einer seltsamen Art von Vergessenheit stecken zu bleiben, die in der Verleugnung wurzelt. Schmerz hingegen ist das, was passiert, wenn etwas wirklich Beschissenes passiert – wie eine Trennung. Ja, es tut weh, aber wenn wir uns nicht dagegen sträuben, sondern stattdessen zulassen, dass es über uns kommt, dann wird es irgendwann vorübergehen. (Ich verspreche es.)
Das Leiden dagegen bleibt bei uns, denn wenn wir leiden, erlauben wir uns nicht wirklich, unser Trauma zu verarbeiten. Wir bleiben darin gefangen. Und so kann es monatelang, jahrelang und sogar jahrzehntelang andauern.
Herzschmerz kann der Beginn eines neuen Lebens sein
Als meine Ehe scheiterte, traf ich einen unglaublichen Therapeuten, der mich über diese wichtige Unterscheidung aufklärte – und es war ein sofortiger Wendepunkt.
Zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben erlaubte ich mir, mich in meinem Schmerz zu suhlen. Um ihn wirklich zu spüren, ganz tief zu spüren. Ich weinte über Fotoalben und alten Textnachrichten und verbrachte schlaflose Nächte damit, meinem schmerzenden Herzschlag zu lauschen, während ich beweinte, was ich verloren hatte.
Und langsam, aber sicher, trat ich aus meinem Meer des Elends hervor und existierte nicht nur wieder. Ich blühte auf. Und auch wenn es vielleicht ein wenig seltsam erscheinen mag, gab mir meine Trennung neuen Aufschwung. Es ließ mich in dem Schmerz der Liebe erkennen, was er nun mal ist: Schmerz. Aber Schmerz muss nicht gleichbedeutend mit Leid sein. Und in dem Moment, in dem du das erkennst, kannst Du wieder anfangen, zu leben.