Wenn aus dem Bad Hair Day eine Bad Hair Woche wird und ein gemeiner Pickel mein Gesicht entstellt, dann finde ich mich alles andere als schön. Der Body Positivity Trend schlägt eine bedenkliche Richtung ein und verdient eine Generalüberholung, findet unsere Autorin.
Status Quo: Body Positivity war ein guter Anfang
Body Positivity ist cool. Ach was rede ich: Großartig! Keine Frage. Ich habe größten Respekt vor den Frauen, die bereitwillig ihre kleinen Unzulänglichkeiten, Dehnungsstreifen oder Cellulite-Dellen auf Social Media abbilden. In den letzten Jahren hat dieser Trend einen wichtigen Richtungswechsel eingeläutet. Weg von den Magermodells der Hochglanz-Magazine und Body Shaming, hin zu mutigen Instagram Profilen, die natürliche, authentische Frauenkörper zeigen – mit allen Diversitäten, in allen Formen und Farben. Diese Offenheit empowert Frauen, die sonst auf Kriegsfuß mit ihrem Körper stehen. „Jede liebe ihren Körper so sehr sie kann“ ist eine gute und wichtige Message, aber sie vermittelt auch eine neue Art von Verhaltensdruck, der mir zunehmend sauer aufstößt.
Die dunkle Seite der Body Positivity
Es trifft mich am häufigsten in Verbindung mit meiner Periode: Der hormonelle Wirbelsturm in meinem Körper lässt mich aufgebläht und schlaff fühlen. Ich verabscheue diesen Zustand zutiefst. Kleidung, die ich sonst so gerne trage, sieht nur noch furchtbar aus. Meinem Körper fehlt jede Leichtigkeit und Eleganz. Hinzu kommen die Schmerzen der ersten Tage meiner Periode und ich empfinde es als ungerecht mich so zu fühlen. Einen Ausweg daraus gibt es für mich erstmal nicht. Vor allem nicht, wenn ich sehe wie bedingungslos glücklich andere Frauen mit ihrem Körper sind. Warum kann ich meinen Körper nicht voll akzeptieren? Was stimmt mit mir nicht? Wo ist meine Selbstliebe geblieben? Habe ich mich komplett von mir entfremdet? – System Error.
Body Shaming der etwas anderen Art
Selbstliebe hin oder her – ich halte es für eine Illusion jeden Zentimeter meines Körpers zu lieben und abzufeiern. Es verhält sich ähnlich wie mit guter Laune und er der guten alten „positiven Einstellung“, wenn du es nicht fühlst ist es nicht echt. Nun will ich mich auch nicht in Selbsthass suhlen, ein Mittelweg muss her.
Body Positivity weitergedacht – Body Acceptance
Die ständige Bewertung von alles und jedem ist die Falle, in die ich getappt bin. Stattdessen übe ich mich in der Königsdisziplin, die Meditationsgurus und andere ausgeglichene Gemüter predigen: Akzeptanz, Gleichmut, Zen. Ich stelle Selbstakzeptanz über Selbstliebe und vor allem mache ich eins: Ich halte mich fern, von Social Media und gut gemeinten Ratschlägen. Zudem versuche ich den Ernst aus meinen Emotionen und Gedanken zu nehmen und mich nicht reinzusteigern. „Klappe zu, großes Ego!“
Ein Gedankenexperiment: Der Körper ist nur eine Hülle
Eine romantische Überlegung noch zum Schluss: Die Wurzel allen Übels ist doch die Körperzentriertheit im Allgemeinen. Wenn wir es schaffen würden Äußerlichkeiten als banale Eigenschaften anzuerkennen, und ihnen die Relevanz entziehen, hätten wir mehr Kapazitäten uns mit essentiellen Dingen zu beschäftigen. Die Einsicht, dass unser Wert außerhalb von Äußerlichkeiten liegt, könnte ungeahnte Energien entfachen. Wir könnten diese frei gewordenen Energien auf wichtige Themen und Prozesse lenken, mit gesamtgesellschaftlichem Mehrwert. Tief in uns drinnen wissen wir um diese Wahrheit, nur ist es an uns sie aktiv zu praktizieren.