Mental Load: Das bisschen Haushalt…

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Auch wenn Männer zunehmend bei Alltagsaufgaben unterstützen, die Organisation des Alltags bleibt weiter bei den Frauen hängen – und führt nicht selten zur totalen Überlastung. Das Phänomen dieses “Haushalts-Burn Outs” nennt sich “Mental Load”. Er betrifft vor allem Frauen, die als Managerinnen des Haushalts ganz selbstverständlich an alle anfallenden Arbeiten zu Hause denken müssen und niemals Feierabend haben. Unsere Autorin kennt diesen Zustand aus eigener Erfahrung…

Ich erinnere mich noch gut an mein Auslandssemester 2011 in den USA. Ich belegte einen Kurs, der sich mit Familienstrukturen und der Rolle der Frau darin beschäftigte. Eine meiner Lektüren war „A Second Shift“ von Arlie Russel Hochschild. Wie der Titel schon vermuten lässt, beschäftigte sich das Werk mit Gleichberechtigung und der Vereinbarkeit von Haushalt und Beruf. Das Fazit war erschreckend: es gibt sie noch immer, die zweite Schicht für Frauen nach der Arbeit. Denn Haushalt ist in den meisten Ländern nach wie vor Frauensache. Ich erzählte damals meinem Flirt in Deutschland via Skype davon. Ich selbst, damals 23 Jahre alt, wolle es später einmal anders machen. Heute, acht Jahre später und mit meinem damaligen Flirt seit Jahren liiert, ziehe ich die bittere Resonanz:

Kind und Kegel – oder: das Ende der Haushaltsteilung

Die Kinderplanung steht, der Hund als Versuchsobjekt ist schon angeschafft. Mein Freund findet, es funktioniere doch alles wunderbar! Ich hingegen habe mich mental schon von meinen Freiheiten, meiner Figur und meiner Karriere verabschiedet. Denn für mich ist nach dem ersten Jahr mit gemeinsamem Hund klar: im Zweifelsfall muss Mutti ran. Zeit für Sport? Fehlanzeige. Spontan ausgehen? Nope. Einfach mal konzentriert einen Tag durcharbeiten? Schwierig. Denn Fakt ist: Haushalt ist Frauensache. Immer noch. Nicht, weil ich als Frau das so möchte, sondern weil ich ganz selbstverständlich dafür verantwortlich gemacht werde. Und, ganz wichtig, diese Verantwortung auch genauso selbstverständlich übernehme.

Keiner Schuld bewusst

Das heißt nicht, dass mein Partner und ich nicht darüber streiten würden oder ich mich nicht beschwere. Ich stehe die Diskussionen aber auch nicht aus. Ich lasse den Teller einfach nicht stehen bis er schimmelt. Oder die Milch draußen stehen, bis sie sauer wird und mein Freund als Konsequenz sein Müsli nicht mehr essen kann. Und schon gar nicht lasse ich den Hund allein zu Hause, weil man Freund es leider nicht schafft, rechtzeitig aus der Arbeit zu kommen „weil was dazwischengekommen ist“. Nein, ich verschiebe das Meeting am Nachmittag und fahre früher als geplant nach Hause. Es ist zum kotzen!

Das deprimierende sind eigentlich die Aussprachen mit meinem Freund. Er ist sich nämlich keiner Schuld bewusst. Er hilft doch! Richtig, er „hilft“. Allein die Wortwahl impliziert schon wo der Hund begraben liebt. Ich bin die Verantwortliche im Haushalt, er unterstützt mich bloß. Ich plane, ich regle, ich delegiere. Ich bin der garstige Hausdrachen. Er ist der großzügige Helfer.

Mental Load? 50:50!

Ich bin eine Vertreterin von 50:50. Da mein Partner und ich gleichermaßen in Vollzeit arbeiten und das auch noch als Selbstständige, finde ich es nur gerecht, alle Aufgaben, die unser gemeinsames Leben betreffen, aufzuteilen. Doch hier fängt die Schwierigkeit schon an: Teilt man nach Aufgaben oder nach Arbeitszeit? Und wie strikt evaluiert man den Aufwand, den beide Partner wirklich für Haushalt & Co aufgewendet haben? Mache ich heute die Wäsche und morgen Du, oder mache ich immer die Wäsche und du dafür den Abwasch? Sollte jeder die Aufgaben übernehmen, die uns jeweils am wenigsten nerven, ungeachtet des zeitlichen Aufwands, den die einzelnen Aufgaben einnehmen? Was ist gerechter oder macht uns eine ungerechtere Aufgabenteilung vielleicht sogar glücklicher, weil sie besser zu unseren Vorlieben und in unseren Lebensalltag passt? All das sind Fragen, die sich wahrscheinlich jedes Paar zumindest indirekt stellt, sobald es um die Haushaltsteilung geht.

Dokumentation des Grauens

Ich habe es wirklich getan. Ich habe ein Flipchart in unser Wohnzimmer gestellt und dokumentiert, wann ich was und wie lange im Haushalt gemacht habe. Mein Freund hat noch nicht mal die Dokumentation auf die Reihe gebracht. Am Ende hatte mein Mental Load einfach noch einen weiteren Posten auf der to do Liste: „Freund an Flipchart erinnern“. Ein Sinnbild dessen, wie es in so vielen Haushalten mit der männlichen Beteiligung läuft. Gemacht wird nur etwas, wenn man gerade Zeit und Lust hat. Spoiler: Dieser Zustand tritt in einem Haushalt mit zwei Selbstständigen, einem großen Freundeskreis und Hund niemals ein.

Raus aus dem Mental Load…oder eher: Overload!

Mein Plädoyer daher an alle Frauen, die sich im Haushalt ungerecht behandelt oder überfordert fühlen, vor allem aber an mich selbst:

#1: Macht euch einen Plan

Ein Plan kann helfen, Streit und Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Wichtig, ist, dass nicht nur die Aufgabe selbst sondern auch das komplette Drumherum um eine Aufgabe verteilt wird. Das Management quasi. Wer zum Beispiel die Aufgabe übernimmt, Wäsche zu waschen, ist demnach nicht nur dafür zuständig zu waschen und aufzuhängen. Die verantwortliche Person muss zudem eigenverantwortlich feststellen, wann mal wieder gewaschen werden muss, welche Wäsche fällig ist und im Anschluss auch den Wäscheständer wieder ordentlich wegräumen. Die andere Person sollte sich dann nur noch auf ihre eigenen Aufgaben konzentrieren und an die Wäsche keinen Gedanken mehr verschwenden – außer vielleicht, wenn es um das Outfit für den Restaurantbesuch am Abend geht.

#2: Haltet es aus!

Deine bessere Hälfte hält sich nicht an eure neu getroffene Abmachung? Lass deinen Partner spüren, welche Konsequenzen sein Nichts-Tun hat und zeig ihm am eigenen Laib, dass manche Aufgaben zeitlich einfach nicht verschoben werden können. Lasst ihn hungern, lasst das Geschirr verschimmeln bis kein Glas mehr da ist, wascht nur noch die eigene Wäsche – aber seid dabei nicht ungerecht.

#3: Lobt eure Partner

Erkennt es an, wenn eure Männer sich bessern wollen. Ihr müsst ganz sicher kein Feuerwerk veranstalten, nur weil eure bessere Hälfte mal von selbst den Müll runtergebracht hat. Ein kurze anerkennende Bemerkung oder ein „Danke“ sollte aber schon kommen. Schließlich haben es die Männer in ihrer gesellschaftlich anerkannten Rolle als Haushaltsverweigerer sehr kuschelig und gemütlich. Es wird ihnen sicher nicht leicht fallen, diese Strukturen zu ihrem (vermeintlichen) Nachteil zu durchbrechen.

#4: Nutzt die neue Aufteilung als Chance!

Vielmehr solltet ihr ihnen zeigen, wie viel schöner, stressfreier und entspannter eine gleichberechtigte Beziehung doch ist. Nutzt die gewonnene gemeinsame Zeit oder erledigt Dinge direkt als Happening zu zweit. Gassigehen zum Beispiel. Oder ihr verbindet den nächsten gemeinsamen Hausputz mit einer Flasche Wein und eurem Lieblingsset auf Spotify.

Wenn ihr jetzt noch überzeugende Argumente braucht, zeigt eurem Partner doch mal die mental load Comics von Emma.

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