Mindful Masturbation, Libido Liberation & Shameless Sex – die Workshops der Sexexpo klingen ja schon nach sexueller Revolution. Unsere Autorin Edith Löhle war vor Ort. Ein Erfahrungsbericht aus New York.
Malen wir uns eine Welt, in der Sexualität auf Respekt baut, für einen anderen Menschen und vor allem für uns selbst. An dem wir uns ohne Scham ausprobieren, aber die Performance aus der Nummer nehmen. An dem wir geradeaus über unsere (Vor-)Liebe sprechen. Nach einem Besuch auf der Sexexpo in New York bin ich jedenfalls inspiriert, mehr Achtsamkeit und mehr Spiel in meine Welt zu bringen. Ich habe eine ungewöhnliche Pressereise, oder müsste ich Lernreise sagen – hinter mir: Beate Uhse lud mich nach Brooklyn ein, zu einer Messe, die sich voll und ganz dem Thema „Sexual Health“ widmet. Hier haben über 20 der Top-Sexologen aus den USA gesprochen, Workshops gegeben, und Frage beantwortet. Nebenan haben die Brands (darunter auch Womanizer, ist ja klar) ihre Produkte vorgestellt, die Teil der Self-Love-Revolution sind, weil sie für eine aufgeklärte, respektvolle und oder empowerte Sexualität stehen.
Mit mehr Selbstliebe zu einer neuen Qualität im Sexleben
Tatsächlich ist Selbstliebe das, was ich unterm Strich mitgenommen habe. „Es gibt nur ein No-Go im Bett: Bodyshaming. Hört auf, euren Körper zu hassen, dann wird euer Sexleben auch eine andere Qualität haben“, sagt Jess O’Reilly, kurz Dr. Jess, bei ihrem Talk „Drive Your Lover Wild With Pleasure“. Sex- und Beziehungsexpertin hat das Publikum mit Humor und handfesten Tipps um den Finger gewickelt: Irgendwann fand ich mich wieder, wie ich mit 50 anderen im Raum, die Hände in die Höhe streckte, um mit der Sexpertin die „perfekte“ Handjob-Position zu üben. Oder sie ließ uns mit den Fingern ein W formen, um uns zu zeigen, wie unsere Vulva behandelt werden möchte. Es klingt vielleicht absurd, aber es war zu keiner Zeit anzüglich oder unangenehm. Im Gegenteil, die Besucher haben sich mit ihren Partner ausgetauscht und haben eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein mitbekommen. Der Begriff, der am häufigsten fiel, war das englische Wort „consent“. Das bedeutet Zustimmung und so haben die Speaker allesamt deutlich gemacht, dass zum guten Sex das Wollen gehört. Bedeutet, dass man sich selbst und niemand sonst zwingen darf, wenn man sich nicht danach fühlt. „Es ist auch völlig okay, Phasen zu haben, in denen man keinen Sex will. Wichtig ist, dass man achtsam und ehrlich zu sich und dem Partner ist. Sprecht darüber, was euch anmacht und abtörnt, wie es eurem Körper und Geist geht. Seid bewusst, denn wer Mindfulness in sein Leben lässt, wird mehr Spaß haben“, rät Dr. Jess.
Sexexpo in New York: Mut, zum Fragen stellen
Die Reden auf der Sexexpo in New York waren allesamt sexpositiv – und das gab dem Publikum Mut Fragen zu stellen: „Ich habe durch meine Schwangerschaft so viel zugenommen, dass ich Angst habe, dass ich meinen Mann mit meinem Körper abturne. Was kann ich tun?“, meldete sich eine junge Mutter. „Ich weiß ich nicht, was ich mit meinen Zähnen beim Blow Job machen soll?“, war der Einwurf einer Frau um die 30. Andere fragten nach Tipps für Orgasmen. Alle wurden ernst genommen und es wurde schnell deutlich, dass es noch viel zu besprechen gibt, um in einer Welt zu leben, die so frei von Zweifeln ist, wie eingangs
beschrieben.
Wir legen nun mal den Scham, die veralteten Rollenbilder und Machtspiele nur ab, wenn wir darüber reden. Und in erster Linie mit uns selbst: Wie fühle ich mich in meiner Haut? Warum fühle ich mich so? Warum bin ich strenger mit mir als mit meinen Mitmenschen? Was macht mir Spaß und was nicht? Wer diese Fragen für sich beantwortet, arbeitet gleichzeitig an seinem Selbstwert und an seinem Sexleben.
Man muss also in Wirklichkeit nicht bis nach New York fliegen, um den ultimativen Tipps zu lauschen – viel mehr müssen wir in uns hinein hören.